CleverMatch im Gespräch mit Jelena Klingenberg, Gründerin, Psychologin, Consultant, Speakerin.
Frau Klingenberg, was ist aus Ihrer Sicht aktuell die größte HR-Herausforderung?
Jelena Klingenberg: Die größte Herausforderung für HR ist, wie in anderen Bereichen ebenfalls, die zunehmende Komplexität des Arbeitsbereichs, gepaart mit der Schnelligkeit, mit der Veränderungen und Innovationen auch im HR-Business stattfinden müssen. Das hat zur Folge, dass sie nicht nur mit ihren eigenen Herausforderungen zu kämpfen haben, sondern gleichzeitig der Ruhepol, der Leuchtturm im Unternehmen sein muss. Es gilt also nun, die volle Klaviatur der modernen Arbeitswelt selbst zu leben, von KI über Data Driven Decisionmaking bis hin zu smarten Zielen und KPI, und gleichzeitig dabei anderen Bereichen und Abteilungen in der Organisation Orientierung und Sicherheit zu geben.
Vier ganz konkrete Challenges warten daher jetzt schon auf HR:
- Unternehmenskultur proaktiv managen – wird Key! Das Herzstück einer erfolgreichen Organisation ist eine positive Unternehmenskultur, die die Moral und das Engagement der Mitarbeitenden fördert. Personalverantwortliche spielen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung dieses Umfelds, indem sie Richtlinien und Praktiken umsetzen, Inklusion, individuelle Anerkennung und persönliches Wachstum fördern. Aktuell wird die Bedeutung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz weiter zunehmen, wodurch dieser Aspekt der Personalarbeit noch wichtiger wird.
- Immernoch: die besten Talente für das Unternehmen finden & binden Der globale Wandel hin zu hybriden und virtuellen Arbeitsumgebungen hat den Talentpool erheblich vergrößert und ermöglicht es Unternehmen, aus einem breiteren geografischen Spektrum zu rekrutieren. HR-Teams müssen ihre Strategien erneuern und verfeinern, um diese wertvollen Talente nicht nur anzuziehen, sondern auch zu halten. Dazu gehört die Erstellung überzeugender Stellenausschreibungen, New Pay Konzepte, gepaart mit individuellen Benefit-Angeboten und die Schaffung von Karriereentwicklungsmöglichkeiten, die den Wünschen der Talents entsprechen.
- Gesundheit als Prio Nr.1 in Organisationen und bei Führungskräften etablieren Burnout bei Mitarbeiter:innen ist zu einem kritischen Problem geworden, das durch die verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben in Remote- und Hybridmodellen noch verschärft wird. Personalabteilungen müssen Strategien zur Bekämpfung von Burnout und zur Förderung von physischer und psychischer Gesundheit entwickeln und umsetzen, zum Beispiel flexible Arbeitsregelungen, regelmäßige Kontrollbesuche und Zugang zu Ressourcen für psychische Gesundheit. Das Erkennen der Anzeichen von Burnout und der proaktive Umgang mit ihnen fördert nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter, sondern auch ihre Produktivität und ihr Engagement.
- Ausgelagerte HR-Dienstleistungen nutzen Für die meisten Unternehmen sind die Herausforderungen im HR nicht bewältigbar ohne externe Unterstützung. Ausgelagerte HR-Fachleute können das Fachwissen und die Unterstützung bereitstellen, die erforderlich sind, um die Personalbeschaffung zu verbessern, wettbewerbsfähige New Pay Konzepte zu entwickeln und effektive Strategien zur Mitarbeiterbindung umzusetzen. Auf diese Weise können sie von spezialisiertem Wissen und innovativen Praktiken profitieren, ohne die Kosten für die Erweiterung ihres internen HR-Teams aufbringen zu müssen.
Mit Blick auf das nächste Jahr, kann die Rolle der Personalabteilung bei der Bewältigung dieser Herausforderungen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Durch die Konzentration auf diese Schlüsselbereiche – die Pflege einer unterstützenden Unternehmenskultur, die Beherrschung der Kunst des Recruitings und Retention von Mitarbeiter:innen und die Bekämpfung von Burnout – können Unternehmen widerstandsfähige, leistungsstarke Teams aufbauen, die gut gerüstet sind, um in der sich ständig verändernden Unternehmenslandschaft zu bestehen.
Welche HR-Trends sehen Sie in der Zukunft des Personalwesens?
Ein wichtiger HR Trend ist sicherlich, dass Marketing und HR näher zusammengerückt sind und damit Employer Branding und Employee Experience endlich einen wichtigen Stellenwert in der heutigen HR-Arbeit darstellen. Die nächste Hürde, die es zu nehmen gilt für HR ist, dass HR nun noch näher mit der IT zusammenrücken muss. In den nächsten Jahren wird HR maßgeblich die Innovationskraft eines Unternehmens mit beeinflussen, indem sie IT-Projekte nicht nur unterstützen, sondern proaktiv daran beteiligt sind. Es gilt die Menschen in Organisationen abzuholen und für die anstehenden Veränderungen von KI bereit und offen zu machen. Die Zusammenarbeit von Mensch & Maschine wird dabei der Fokus für HR werden müssen.
Welche Fähigkeiten werden Ihrer Meinung nach für Führungskräfte besonders wichtig sein?
Auch hier wird eine der wichtigsten Fähigkeiten sein, für gutes Teamwork zu sorgen – dabei wird sich aber das Team maßgeblich verändern – es wird nicht nur Human Teams geben, sondern auch hybride Teams im Sinne von Mensch & Maschine. Wie kann die Zusammenarbeit gut funktionieren? Wie arbeiten wir KI-Kolleg:innen ein? Wie schaffen wir es dabei die menschlichen Faktoren nicht aus den Augen zu verlieren?
Welche Lösungen sehen Sie im Umgang mit dem Fachkräftemangel?
Der deutsche Fachkräftemangel lässt sich allein nicht mehr nur aus internen Ressourcen verringern, es gilt hier viel mehr Deutschland zu einem attraktiven Einwanderungsland umzugestalten, so dass motivierte Fachkräfte sich davon angesprochen fühlen. Darüber hinaus werden wir im HR Employer Branding noch viel stärker spielen müssen und dafür sorgen, dass das Unternehmen nach außen, wie nach innen (ganz wichtig) als attraktiver Arbeitgeber positioniert wird.
Welche sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten KPIs im HR-Umfeld?
Im HR-Umfeld halte ich drei KPIs für besonders wichtig: Time to Hire und Cost per Hire, den Employee Health Score, welcher mentale Gesundheit messbar macht und das Engagement sowie die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.