Anja Odenthal im Gespräch mit Christoph Sprenger, Senior Vice President Staff, Programs & Strategic Projects bei DHL Express
Herr Sprenger, was sind die größten Herausforderungen für HR in den nächsten Jahren?
Christoph Sprenger: Ich bin kein klassischer HR-Entscheider, aber ich bin davon überzeugt, dass die Punkte Funktionalität der Prozesse, Employee Experience in der Verbindung mit Digitalisierung, Finding- und Retaining Management sowie Talententwicklung zentrale Elemente sind, um die Herausforderungen im Bereich Human Resources erfolgreich zu meistern und eine positive Entwicklung in einem dynamischen Arbeitsumfeld zu ermöglichen.
Mehr als 70 Prozent der Jobs in unserem Unternehmen sind Frontline Jobs. Wir haben 120.000 Mitarbeiter bei DHL Express weltweit und wir merken im Kleinen, dass es Regionen gibt, in denen es schwieriger ist, Mitarbeiter zu finden.
Im Bereich Retaining sind wir stolz darauf, in diesem Jahr zum vierten Mal in Folge von Great Place to Work™ unter den Top drei der weltbesten Arbeitgeber eingestuft zu sein.
Wie wird man ein „Great Place to Work“?
Man kann sich als Unternehmen zertifizieren und bewerten lassen. Es gibt ein weltweites Ranking und da waren wir in den letzten zwei Jahren weltweit auf Platz eins. Dafür tun wir einiges. Neben der marktgerechten Entlohnung sind uns Safety, Engagement-Aktionen und lokale Feste zur Mitarbeiterbindung wichtig. Diese können je nach Land variieren, zum Beispiel ein Fußballturnier oder ein Barbecue, je nach Geschmack des Gastgebers.
Was ist unter dem Stichwort „Purpose“ noch wichtig?
Dazu fällt mir spontan ein Beispiel aus der Pandemiezeit ein. „What’s in the package“ – wir waren es, die während der Pandemie den Impfstoff, die Masken und Handschuhe weltweit verteilt haben. Wir halten die Weltkonjunktur am Laufen und das macht unsere Mitarbeiter stolz. Als Logistikunternehmen verbinden wir Menschen und Märkte.
Wie sieht es derzeit bei DHL Express mit flexiblen Arbeitsmodellen wie Remote Work aus?
Das ist eine große Diskussion bei uns. Zunächst einmal sind ca. 70 Prozent aller Arbeitsplätze bei uns nicht remote. Ein Kurier kann nicht von zu Hause aus arbeiten. Weltweit haben wir uns darauf geeinigt, bis zu 50 Prozent Remote Work zuzulassen, abhängig von den Gesetzen in den einzelnen Ländern. Viele Länder, vor allem in Asien und Afrika machen davon wenig gebrauch. In Europa hingegen schöpfen viele Länder das Maximum aus, die USA kommen gerade einmal auf ein bis zwei Tage Remote Work. Die Realität in Deutschland ist, dass man das Rad nicht mehr zurückdrehen kann.
Wie stellen Sie sicher, dass das Unternehmen die besten Talente bekommt?
Wir setzen stark darauf, Talente zu fördern und Mitarbeitende von innen heraus weiterzuentwickeln. Man kann sich bei der DHL „hocharbeiten“, also kennen wir das Geschäft „von der Pike auf“. Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter zwanzig Jahre und länger bei uns arbeitet. Nach über zwanzig Jahren Betriebszugehörigkeit habe ich das Gefühl, dass ich mich „etabliert“ habe. Für langjährige Betriebszugehörigkeit vergeben wir auch Auszeichnungen.
Wie bereiten Sie die Mitarbeiter auf die digitale Transformation und den Einsatz von KI vor?
KI sollte entmystifiziert werden, dafür haben wir ein Trainings- und Engagement-Programm, in das wir Informationen einstreuen. Ein kürzeres Modul heißt „Let’s talk about Digitalisation“. Man kann das in Teambesprechungen diskutieren, es gibt einen kurzen Film und dann wird darüber gesprochen. Es wird erklärt, dass die Automatisierung keine Arbeitsplätze „wegfrisst“, sondern dass Aufgaben wie z.B. sich wiederholende oder körperlich anstrengende Tätigkeiten wegfallen, sodass die Mitarbeiter entlastet werden können.
Was ändert sich durch Digitalisierung in der Arbeitswelt?
Digitalisierung ist auch ein Mythos, dass alles schneller, besser und billiger wird. Da kommen eher andere Benefits wie eine gleichbleibende Qualität und Geschwindigkeit. Automatisierung ist gut, aber man muss sich anschauen, wo man sie einsetzt und was es im Gegenzug auch kostet.