Hans-Uwe Jaeger im Gespräch mit
Uwe Velhagen, Managing Partner bei Philios GmbH
Herr Velhagen, was sind die größten HR-Herausforderungen in den kommenden Jahren?
Uwe Velhagen: Hier werden uns zwei zentrale Themen begleiten. Einerseits hat die Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung und einer nicht vorhandenen eigenen Personalentwicklungsphilosophie ein Nachwuchsproblem, um das angestrebte Unternehmenswachstum mit den vorhandenen internen Rahmenbedingungen zu realisieren.
Andererseits sehe ich in der Bindung von vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine enorme Relevanz.
Welche Lösungen sehen Sie hier?
Meiner Erfahrung nach leistet hier die Unternehmenskultur einen entscheidenden Beitrag und definiert mit, welche Rolle die HR-Abteilung einnimmt. Es braucht ein HR-Team, das die Fachabteilungen in der Reflektion als Challenger unterstützt. Die Frage muss in unserer schnelllebigen Arbeitswelt im Hinblick auf die Mitarbeitenden sein: „Geht es besser, als wir es aktuell tun?“. Hier hat uns Corona gezeigt, dass sich einfache und naheliegende Lösungen für scheinbar ausweglose Situationen finden lassen. Ich denke dabei beispielsweise an die Restaurantschließungen und die Veränderung der Abhol- und Liefermöglichkeiten.
Welche Kompetenzen werden für Fachkräfte und Führungskräfte wichtiger werden?
Wir leben und arbeiten in einer sich sehr schnell verändernden, volatilen Welt und damit in unsicheren und schwer vorhersehbaren Zeiten. Daher ist eine resiliente Führungskraft gefragt, die ihren Leuten Richtung und Sicherheit gibt, um neue Wege auszuprobieren, ohne selbst den richtigen Weg zu kennen. Auch die beste Führungskraft hat nicht auf jede Frage die ultimative Antwort. In jedem Fall braucht er oder sie aber das Rückgrat, den eingeschlagen Kurs kritisch zu hinterfragen und wenn nötig schnell zu korrigieren. Und das wiederum benötigt ein veränderungsoffenes Mindset, das in alle Ebenen der Unternehmen real gelebt wird.
Wie stellen Sie sicher, dass Unternehmen die besten Talente anziehen und langfristig an sich binden?
Die Attraktivität eines Unternehmens für Talente steht und fällt – auch langfristig – mit der gelebten Unternehmenskultur. Hier geht es um drei Themen: Die Reputation des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber, die Möglichkeit zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit innerhalb der Organisation sowie das Entwickeln und Leben der eigenen Haltung, auch und gerade in diesen dynamischen Zeiten.
Entscheidend ist für mich die Klarheit und Bewusstheit in der Unternehmenskultur. Sie muss oft erst erzeugt und gepflegt werden. Das bedeutet auch die Bereitschaft zu haben, sich möglicherweise von Mitarbeitenden zu trennen, die dem Wertegerüst des Unternehmens nicht loyal gegenüberstehen, und bei Neuanstellungen darauf zu achten die richtigen, passenden Leute in die Firma zu holen.
Wie lässt sich eine diverse und inklusive Arbeitsumgebung schaffen?
Die Offenheit Menschen in das Unternehmen zu bringen, die anders sind, anders denken, anders handeln sowie diesen dann auch eine Stimme zu geben, dass sie das leben und einbringen dürfen, hat mit einer entsprechenden Kultur zu tun, die wiederum von solchen neuen Einflüssen lebt und gestaltet wird. Dabei ist nur wichtig, dass das entsprechende Spielfeld nicht ins Wanken kommt, also gewisse Eckpfeiler wie Unternehmenswerte und der Zweck als Grundlage erhalten bleiben. Damit ist das Unternehmen reich an unterschiedlichsten Denkweisen und Ideen. Die Herausforderung für die Führung ist, das in einer inklusiven Art und Weise zu managen – sonst herrscht Chaos.
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen der Mitarbeiterbindung und -motivation in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt um?
Die wichtigsten Aspekte sind die Anerkennung und Wertschätzung des Einzelnen, unabhängig von seinem Hierarchielevel, sowie ein inspirierendes Arbeitsumfeld.
Wenn ich hier ansetze, meine Mitarbeitenden wahrnehme und Ihre individuellen Beiträge wertschätze, trage ich in meinen Augen in einem sehr großen Maße zur Selbstmotivation des Einzelnen bei.
Darüber hinaus braucht es heutzutage umso mehr ein Umfeld, das die intrinsische Motivation des Einzelnen fördert. Konkret geht es um den Sinn der Aufgabe, den notwendigen Freiraum sowie die Möglichkeit persönlich über Feedback zu wachsen.